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Nina Hagen
Anlässlich des 70. Geburtstags von Nina Hagen wird ihr Album „Personal Jesus“ erstmals auf Vinyl veröffentlicht, inklusive eines Bonustracks - genau fünfzehn Jahre nach der ursprünglichen Veröffentlichung. Der Bonustrack trägt den Titel „I Am Born To Preach The Gospel“ und ist eine Coverversion von Washington Phillips. Mit „Personal Jesus“ taucht Nina Hagen 2010 tief in Rock, Blues und Gospel ein. Roh, ungeschliffen und voller Intensität interpretiert sie Songs über Glauben, Widerstand und Erlösung - getragen von ihrer unverwechselbaren Stimme, die in jeder Zeile brennt. Ein leidenschaftliches, kompromissloses Werk, das bis heute Bestand hat.
Aber noch einmal von vorne: Es gibt wenige Künstlerinnen im deutschsprachigen Raum, die das Wort Ikone so berechtigt tragen wie Nina Hagen. Und doch greift der Begriff zu kurz. Wer Hagen lediglich als Punk-Frontfrau der Achtziger oder als exzentrische Fernsehpräsenz der Neunziger erinnert, hat ihr Gesamtwerk übersehen z.B. jenen faszinierenden Schwenk in die Sphären des Spirituellen und der immer wiederkehrenden Gospelsongs der frühen und späten Achtziger - wie z.B. auf ihrem ersten englischsprachigen Album "Nunsexmonkrock" im biblisch angelegten Song "Antiworld", oder, etwas später,bei den ersten traditionellen Gospel-Hymnen, beim Mahalia Jackson-Cover„Hold Me“ von ihrem selbstbetitelten 1989er Album “Nina Hagen“ und nicht zuletzt bei„I’m Going To Live The Life“und "Right On Time"von„Revolution Ballroom“ (1993).
Diese Entwicklung kulminierte mit ihrem 2010 veröffentlichten Album „Personal Jesus“. Jetzt, 15 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung – und zu Nina Hagens 70. Geburtstag – wird das von Paul Rössler produzierte Album neu aufgelegt – erstmals auf Vinyl und erweitert um ein neues Stück, eine Coverversion von Washington Phillips‘“I Am Born To Preach The Gospel“. Eine Wiederveröffentlichung, die weniger Rückschau ist als Prophezeiung.
Denn „Personal Jesus“ war schon damals ein mutiges Album – im Namen der Liebe, denn Gott ist Liebe – die sie liebend gerne verkündet! Nina Hagen machte sich den oft gar strengen Zeitgeist einfach zum Freund, während sich der Pop in der Selbst-Ironisierung erschöpfte, bekannte sie sich zu Jesus Christus, zu Gospel und zu Erlösung; ohne Zynismus, ohne Distanz. Und doch – oder gerade deshalb – mit jener schillernden Radikalität, die sie immer auszeichnete. Ihre Interpretation des Titelsongs von Depeche Mode – einst ein düsterer Kommentar auf die Vereinnahmung des Göttlichen durch private Projektion – wird bei Hagen zur ekstatischen Affirmation: Ja, der persönliche Jesus ist möglich. Und er singt, schreit, betet in Zungen.
Zwischen Honky Tonk und Southern Vaudeville, Soul, Country und Gospel, twangenden Gitarren und Banjos, jubilierenden Orgeln und Chören, aber alles gefiltert durch ihre ureigene Lautsprache zwischen Oper und Ohnmacht, bewegt sie sich auf „Personal Jesus“ mit einer entwaffnenden Mischung aus technischer Virtuosität und traumwandlerischer Inbrunst.
Man kann dieses Album hören als kuriose Fußnote einer exzentrischen Karriere. Oder man erkennt darin das, was es wirklich ist: ein spirituelles Manifest im Gewand des Pop, das Zeugnis einer Suchenden, die ihren Gott nicht nur in der Stille, sondern auch im Lärm dieser Welt gefunden hat.